ABSCHIED VON BONN LIGHTHOUSE

von Roland Günter, Diplom-Sozialpädagoge

Es ist nicht ganz leicht, einem Außenstehenden das Betreute Wohnen von Bonn Lighthouse so zu erklären, dass der jenige sich darunter etwas Genaues vorstellen kann. Ein Hospizverein, aber kein Hospiz, ein Betreutes Wohnen, aber kein stationäres Setting, keine Einrichtung für Suchtkrankheit, aber viele Menschen mit Suchthintergrund. Bonn Lighthouse ist etwas Besonderes, ein Projekt mit eigenem Konzept und eigener Herangehensweise an den hospizlischen Auftrag. Wir haben schon oft von Ärzten oder Sozialarbeitern, die für einen Patienten zur Aufnahme anfragen, den Satz gehört: „ Also, wenn ihr die Person nicht nehmt, dann wissen wir nicht, wohin!“

Bei meiner ambulanten Begleitungsarbeit im Lighthouse habe ich die Unterbringung der Klienten in einem Wohnkomplex immer als Herausforderung verstanden. Neben der direkten Betreuung war es mir wichtig, für die Bewohner ein soziales Umfeld zu schaffen. Nicht nur die Beziehungsarbeit durch Beratungsgespräche und die Kontaktarbeit standen für mich im Vordergrund, sondern auch das Entwickeln, Bereitstellen und Betreuen von regelmäßigen Begegnungen der Bewohner untereinander in einem geschützten Rahmen. Bei allen Konflikten innerhalb der Bewohnerschaft hat es mich immer wieder beeindruckt zu sehen, wie viel Unterstützung sich die Bewohner gegenseitig geben können. Dies kann man zum Beispiel täglich beim Mittagessen in der Küche des Betreuten Wohnens erfahren.

Es freut und erstaunt mich immer wieder aufs Neue, mit wie viel Energie und Leidenschaft sich Ehrenamtliche engagieren. Und es fasziniert mich nach wie vor mitzuerleben, was ein kleiner Verein wie Bonn Lighthouse mit Hilfe von unentgeltlich arbeitenden Menschen auf die Beine stellen kann. Nur gemeinsam mit den Ehrenamtlichen gelingt es im Betreuten Wohnen ein soziales Umfeld zu schaffen, in dem sich die Bewohner begegnen können. Nur durch die Besuchdienste der Ehrenamtlichen ist es möglich auch schwer Pflegebedürftige im Betreuten Wohnen zu integrieren. Nur mit Hilfe von Ehrenamtlichen ist es möglich viele Freizeitaktivitäten durchzuführen. Da sind unsere jährlichen Schiffstouren auf dem Rhein, eine Reise nach Göteborg und eine mehrtägiger Aufenthalt im Sauerland. Erinnerungen, die ich nicht vergessen werde.

Aus all dem ist etwas gewachsen, was natürlich auch schon so manchen Konflikt aushalten musste, was aber in den schweren Zeiten des Abschiednehmens und der Zeit der Trauer nach dem Versterben eines Bewohners ein starkes Gefühl des Zusammenhalts erzeugt. Alle sitzen in einem Boot: Bewohner, Ehrenamtliche und Hauptamtliche. Wir haben in solchen Situationen oft von der „Lighthousefamilie“ gesprochen, in der uns manchmal allein das Beisammensein Trost und Halt gegeben hat.

Eine besondere Bedeutung kommt der „Lighthousefamilie“ zu, wenn Ehrenamtliche und auch Mitbewohner einen Sterbenden im Betreuten Wohnen begleiten. Denn nicht selten sind hier über Jahre Nähe und Vertrauen so intensiv gewachsen, dass das Fehlen eines familiären Umfeldes aufgefangen werden kann.

Ich erinnere mich an die vielen Menschen, denen ich im Lighthouse begegnet bin. Neben Schmerz und Verzweiflung habe ich auch viel Freude miterlebt. Und neben Wut habe ich auch viel Anerkennung und Dankbarkeit erfahren. Ich bin sehr stolz darauf, dieses ganz besondere Projekt Bonn Lighthouse für so lange Zeit mit entwickelt zu haben. Nun gehe ich nach elf Jahren, was mir sehr schwer fällt. Bonn Lighthouse und allen seinen Mitarbeitern wünsche ich alles Gute für die Zukunft.


Roland Günter ist seit 1997 mit dem Verein verbunden. Der Vorstand und die Mitarbeiter von Bonn Lighthouse wünschen ihm für seine Zukunft alles Gute.