„ES IST SCHON EINE MENGE ARBEIT“

Interview mit Christiane über ihre Vorstandstätigkeit im Hospiz- und Palliativverband (HPV) NRW

Christiane, zu deinen vielseitigen Geschäftsführungstätigkeiten bei Bonn Lighthouse gehören auch Gremien- und politische Arbeit. So bist du z.B. 2008 wieder in den Sprecherrat des Hospizforum Bonn/Rhein-Sieg gewählt worden. Seit April dieses Jahres bekleidest du auch einen Vorstandsposten im HPV NRW. Was für ein Verband ist das und welche Aufgaben nimmt er wahr?

1992 bildeten mehrere Hospizvereine in NRW eine Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) und gründeten 1996 den gemeinnützigen Verein LAG Hospiz NRW e.V. Etwa zeitgleich entstand auf Bundesebene die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz (BAG). Auch in den anderen Bundesländern entstanden nach und nach Arbeitsgemeinschaften. Diese Organisationen verstanden sich von Beginn an als Interessensvertretung der Hospizbewegung und haben einen entscheidenden Anteil an der in den Folgejahren rasch voranschreitenden Entwicklung auf dem Gebiet der Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen. Dieser Entwicklung und den damit verbundenen Veränderungen in den Rahmenbedingungen folgend, wurde 2008 aus der BAG der Deutsche Hospiz- und Palliativverband, DHPV, und aus der LAG Hospiz NRW der Hospiz- und Palliativverband NRW e.V., HPV NRW. Heute vertritt der HPV-NRW rund 60 % der über 360 hospizlich tätigen Vereinen, Einrichtungen und Initiativen in NRW. Die Entwicklung und Förderung einer flächendeckenden ganzheitlichen Hospiz- und Palliativversorgung im ambulanten wie stationären Bereich sowie die Vertretung der Mitgliedseinrichtungen auf Landesebene in Politik und Gesellschaft und auf Bundesebene im DHPV sind zwei der wesentlichen Aufgaben des Verbandes. Hierzu zählen beispielsweise derzeit auch wieder Verhandlungen mit den Vertretern der Leistungsträger, sprich Krankenkassen, über die Umsetzung des §39a (SBG V; regelt z.B. im ambulanten Bereich die Refinanzierung der ehrenamtlichen Begleitungsarbeit mittels Personalkostenzuschusse für die Koordinationskraft) sowohl im stationären wie ambulanten Bereich.

Wie groß ist der Vorstand und welche Funktionen bzw. Aufgaben besitzt du?

Der Vorstand setzt sich derzeit aus 3 geschäftsführenden Mitgliedern, zu denen ich zähle, und 4 Beisitzern, zusammen. Daneben gibt es noch die Sprecher der verschiedenen Arbeitsgruppen, die einen Beirat bilden und so die Vertretung auf eine möglichst breite Basis stellen. Inzwischen haben wir ja in NRW so viele unterschiedliche Vereine und Einrichtungen, dass wir schon aufpassen müssen, alle im „Boot“ zu halten. Was meine Aufgaben betrifft, so bin ich zum einen für die Kasse zuständig, zum anderen fungiere ich als Ansprechpartner für die ambulanten Dienste im Rheinland. Daneben muss aber jeder von uns bei allen Themen mitdenken und wenn notwendig auch einspringen, wenn Termine wahrgenommen werden müssen.

Was sind die aktuellen Themen, mit denen sich der HPV NRW beschäftigt?

Natürlich ganz aktuell die Umsetzung der in diesem Jahr verabschiedeten Gesetzesänderungen zum §39a. Dann SAPV, also die spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Auch die Frage, wie schafften wir eine sinnvolles Zusammengehen der Palliativmedizin und der Hospizarbeit. Es gibt viele große und kleine Baustellen.

Wie viel Zeit nimmt deine neue Position in Anspruch?

Das der Vorstand vom HPV viel zu tun hat, war mir schon immer klar. Wie viel Arbeit damit verbunden ist, wurde mir aber erst bewusst, als es „zu spät“ war. Nein, mal im Ernst: Es ist schon eine Menge Arbeit. Hospizvereine können sich leider auch heute noch keine „teure Interessensvertretung“ leisten. Für viele bedeuten schon die HPV-Beiträge eine große Belastung. Andererseits ist eine solche Vertretung heute wichtiger denn je und es gibt einfach Grenzen dessen, was die Mitglieder des Vorstands neben ihren eigentlichen Jobs noch leisten können. So wird das manchmal schon zu einem Spagat zwischen der Verantwortung dem eigenen Arbeitgeber gegenüber und dem Vorstandsposten. Natürlich gibt es viele Dinge, über die ich mich als Geschäftsführerin von Lighthouse sowieso auf dem Laufenden halten muss. Aber es macht halt einen Unterschied ob ich die Wahl habe, mir beispielsweise die Gesetzesänderung heute oder nächste Woche durchzulesen oder ich diese Info morgen für einen Termin im Ministerium brauche; dann habe ich eben keine Wahl mehr, egal was sonst noch auf dem Schreibtisch liegt.

Welche Vorteile bringt dein Vorstandsposten Bonn Lighthouse?

Wie bereits gesagt, er gibt eine Reihe von Überschneidungen und ich bekomme natürlich manche Information früher als andere. Außerdem ist es nie verkehrt, wenn man die Entscheidungsträger auf den verschiedenen Ebenen kennt oder zumindest mal persönlich erlebt hat. Unterm Strich muss man allerdings sagen, dass Bonn Lighthouse mit meiner (begrenzten) Freistellung für diesen Vorstandsposten einen großen Betrag für die Allgemeinheit leistet, was auch für die anderen Vorstandsmitglieder gilt und leider häufig von außen nicht so gesehen wird. Letztendlich profitieren alle Hospizvereine von der Arbeit des DHPV und der Landesverbände; ohne sie gäbe es vermutlich bis heute keinen §39a und damit nicht die finanzielle Unterstützung, so unzureichend sie auch an manchen Stellen noch sein mag.

Alles in Allem: machen dir diese neuen Aufgaben Spaß?

Wenn es nicht auch Spaß machen würde, würde ich es nicht machen. Die Zusammenarbeit im Vorstand klappt m.E. sehr gut, die Stimmung ist (meistens) prima und wir ergänzen uns. Bei allen Unterschieden gibt es eine gemeinsame Haltung. Das ist wichtig, wenn die „Chemie“ nicht stimmt, bedeutet das zusätzlich Stress und vergeudet wichtige, an anderen Stellen gebrauchte Energie. Die sich im Frühjahr abzeichnende Zusammensetzung des damals neu zu wählenden Vorstands stellte für mich einen Grund dar, mich überhaupt darauf einzulassen. Bisher habe ich es nur manchmal bereut!

 


Dr. Christiane Ohl