SELBSTBESTIMMUNG AM LEBENSENDE FÜR MENSCHEN MIT GEISTIGER BEHINDERUNG

Patientenverfügung in einfacher Sprache
Von Jürgen Goldmann

Über einen Zeitraum von fast eineinhalb Jahren erstellten Peter Vogel und Alexandra Schaad vom Heilpädagogischen Heim in Bonn-Vilich (Träger Landschaftsverband) in Zusammenarbeit mit Bonn Lighthouse eine Patientenverfügung in einfacher Sprache. Diese trägt den Titel „Zukunftsplanung zum Lebensende: Was ich will!“ und wurde Anfang Dezember vom „Förderverein für Menschen mit geistiger Behinderung e.V.“ herausgegeben.

Diese Broschüre entstand unter aktiver Mithilfe von betroffenen Menschen im Rahmen zweier Workshops zum Thema „Wünsche und Vorstellungen für die letzte Phase in meinem Leben“. Die dort erarbeiteten Aspekte finden sich essentiell in der Verfügung wieder.

 

Ich hatte Gelegenheit, die Broschüre im Arbeitskreis Behindertenarbeit Bonn/Rhein-Sieg (Arbeitsgruppe Erwachsene) vorzustellen. Sie erhielt positives Feedback von den anwesenden Fachkräften, sowohl inhaltlich als auch für ihre Gestaltung, für die die Grafikerin Britta Lenze verantwortlich ist. Mit bunten Bildern aus dem Bereich Natur als auch durch die Verwendung von handgemalten Bildern erhält die Verfügung einen freundlichen Charakter und ermutigt zur Auseinandersetzung mit diesem für „uns Menschen“ schwierigen Lebensabschnitt.

Die Patientenverfügung beschäftigt sich in den ersten Abschnitten mit den Themen: „Was ich gerne mag!“, „Was ist mir besonders wichtig!“ sowie „Hoffnungen und Befürchtungen!“. Diese Fragestelllungen beleuchten nicht nur die letzte Lebensphase, sondern auch die Gegenwart. Der für die Hospizarbeit so wichtige Leitsatz „Sterbebegleitung ist Lebensbegleitung“ spiegelt sich hier in aller Deutlichkeit wieder.

Die Teile 4 und 5 setzen sich mit medizinischen Fragen (Bluttransfusion, Legen einer Magensonde, Schmerztherapie etc.) auseinander, die im Falle einer schweren Erkrankung eine wesentliche Rolle spielen können. Auch Wünsche im Falle einer Krankenhauseinweisung können an diesen Stellen ausgedrückt werden.

Die letzten beiden Abschnitte der Broschüre beschreiben die Vorstellungen der Betroffenen nach dem Tod (z.B. Trauerfeier, Bestattungsform). Außerdem können die Menschen Personen benennen, denen sie nach ihrem Tode etwas hinterlassen bzw. schenken möchten.

Am Ende findet sich eine Zitatsammlung aus den beiden durchgeführten Workshops.

Ich betone ein weiteres Mal, dass die Verfügung in einfacher Sprache bereits vor einer möglichen lebensbedrohlichen Erkrankung oder Sterbephase wertvolle Auskünfte über Wünsche, Vorlieben und Vorstellungen der betroffenen Personen geben und somit auch in die alltägliche pädagogische Arbeit der Fachkräfte in den entsprechenden Einrichtungen einfließen kann. Informationen, die dann allerdings im letzten Lebensabschnitt nicht nur für den Sterbenden, sondern auch für alle Menschen im Umfeld eine wichtige Hilfe und Richtlinie im Umgang mit den Betroffenen darstellen kann. Aufgrund der vielfach eingeschränkten Möglichkeit der Kommunikation sind Menschen mit geistiger Behinderung verstärkt auf die Offenheit und Bereitschaft ihres Umfeldes (Angehörige, Freunde, pädagogische Fachkräfte, Ärzte, Pflegepersonal, gesetzliche Betreuer etc.) angewiesen, gemeinsam mit ihnen an der Patientenverfügung zu arbeiten und sie regelmäßig zu aktualisieren.

Die Verfügung erhebt nicht den Anspruch, rechtlich „wasserdicht“ zu sein, aber sie kann aus meiner Sicht in vielen Fällen dazu dienen, den Willen von Menschen mit geistiger Behinderung zu bekunden. Viele dieser Menschen sind durchaus in der Lage, ihre Wünsche zu artikulieren, auch nonverbal. Meine Begegnungen in den letzten Jahren haben mir deutlich gemacht, dass Selbstbestimmung nicht nur ein Recht, sondern auch eine Fähigkeit der geistig behinderten Menschen ist, die ihnen zu häufig noch aberkannt wird. Ich bin mir sicher, dass diese Broschüre ein Medium ist, um diese Fähigkeit zu bestätigen und um ein Sterben und Leben in Würde für die betroffenen Menschen zu gewährleisten.

Die Broschüre „Zukunftsplanung zum Lebensende: Was ich will!“ ist über Bonn Lighthouse oder den Förderverein Menschen mit geistiger Behinderung e.V.“ (www.foerderverein-bonn-beuel.de) für eine Schutzgebühr in Höhe von derzeit 4,50 € zu beziehen.