KLAUS IST GESTORBEN

Um in dieser Welt zu leben,
muss man fähig sein,
drei Dinge zu tun
Lieben, was sterblich ist,
es mit aller Kraft festhalten,
wissend,
dass das eigene Leben davon abhängt,
und wenn die Zeit kommt,
es loszulassen.
Mary Oliver

Wer ist Klaus?

Das haben sich so manche bei Bonn Lighthouse wohl anfangs gefragt, denn Klaus lebte nicht erst seit seinem Einzug hier eher zurückgezogen. Am 26. Dezember ist Klaus verstorben und an dieser Stelle möchte ich ein wenig von dem Klaus erzählen, wie ich ihn kennen lernen durfte.

 

Klaus zog im Juni 2009 ins Lighthouse. Er hatte schwere Zeiten hinter sich gebracht und freute sich nun auf etwas mehr Ruhe und Frieden. Ja, er freute sich und das war für mich wohl das erstaunlichste an Klaus – seine Freude und seine (Über-)Lebenskraft. Klaus waren die Folgen seiner Krankheit anzusehen, und das machte es ihm schwer, unter Menschen zu gehen, ihre Blicke zu spüren und auszuhalten. Doch er lebte und er freute sich daran.

Ich erinnere mich gut an den Augenblick, als er vor mir stand und sagte „Ich habe so eine Lust zu leben.“ Und dass dies so war, daran ließ er keinen Zweifel aufkommen. Er kämpfte sich wahrlich zurück ins Leben, davon erzählte seine persönliche Geschichte, in die er mir hin und wieder Einblick gewährte.

Klaus gab nicht auf, für seine Lebensqualität zu kämpfen und bewies dabei unglaubliche Geduld, Ausdauer und Kraft. Manchmal fragte ich mich, was ihn antrieb und trotz allem weiter machen ließ. Ihm entgegen gebrachte entgegnete er mit großer Dankbarkeit. Es war ihm sehr wichtig, nicht nur Nehmender zu sein, sondern anderen Menschen auch etwas geben zu können.

„Ein Mann wurde geheilt…“ Diesen Satzanfang las er als erstes nach einer schweren OP, nachdem er es zum ersten Mal wieder geschafft hatte, sich aus seinem Krankenbett zu erheben. Er wurde sein tägliches Mantra, wie er mir mehrfach versicherte. Er sagte es sich zu Beginn eines jeden Tages und in schwierigen, schmerzhaften Augenblicken.

Und immer wieder war da trotz allem diese Lust am Leben zu verspüren. So spielte er bis zuletzt seine Zahlen beim Lotto, um noch etwas „Spannung“ zu haben, wie er es mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen nannte. Er plante dann,wem er welche Summe vom Gewinn zukommen lassen würde. Junge Menschen sollten es sein, die noch eine Zukunft vor sich hätten. Er konnte sich am Kauf einer neuen Kappe tagelang erfreuen und über ein frisches Stück weichen Kuchen. Sogar ein schön gestaltetes Patientenzimmer mit Bildern von Monet und nette Krankenschwestern erhellten seinen Tag, trotz der damit einhergehenden Operationen.

Aber es gab auch schwere, schmerzvolle Tage und die wurden zahlreicher. Dann verschwand alles drum herum; und immer mehr auch die Freude am Leben und der Kontakt zu seiner Umwelt. Dann wurde er grantig und ungeduldig mit den Menschen, was ihm wiederum unangenehm war.

Klaus wollte immer der Wahrheit ins Auge blicken und hat es bis zum Schluss getan. Hilfe lehnte er oft ab; Abhängigkeit und Mitleid waren ihm ein Greuel. Er wollte seinen Alltag so lange und so gut es ging alleine bewältigen. Am Ende fehlte ihm zunehmend die Kraft dazu.

Klaus verstarb am 2.Weihnachtstag auf der Palliativstation des Malteserkrankenhauses.