Bonner General-Anzeiger, 25.04.1995
18 betreute Wohnungen in der Innenstadt - Ehrenamtliche Mitstreiter immer rufbereit - Sponsoren gesucht
Sie sollen wissen, daß sie ein eigenes Zuhause haben: Menschen, die mit HIV infiziert sind, an Aids, Krebs, multipler Sklerose oder einer anderen schweren chronischen Krankheit leiden.
Diese Sicherheit will ihnen Bonn Lighthouse mit seinen 18 Appartements im Innenhof zwischen Adolf- und Bornheimer Straße geben. Die meisten sind inzwischen bezogen. Ob sie ihr neues Reich etwa 27 Quadratmeter mit Küchenzeile und Duschbad zeigen soll? Petra F. (34) ist unschlüssig. Sie hat sich den ganzen Tag nicht so wohl gefühlt. Am liebsten hätte sie niemandem die Tür aufgemacht. Aber dann überwiegt doch der Stolz auf das eigene Appartement. Barbara B., der jüngsten Hausbewohnerin, hat sie geöffnet, und auch eine der ehrenamtlichen Begleiterinnen sitzt bei ihr in der anheimelnden Sesselecke vor dem Fenster. "Wir verstehen uns gut", deutet sie an, daß einer dem anderen hilft. Wer an diesem Tag mehr Unterstützung braucht, sie selbst oder Barbara mit der verletzten Hand? Das wissen beide nicht so recht. Immerhin hat sich Petra F. schließlich doch noch entschlossen, mit rüber zum Gespräch ins andere Haus zu gehen. Nur warme Schuhe muß sie für den Gang über den Hof anziehen. Denn auf ihr Immunsystem kann sie sich nicht genügend verlassen. Und deshalb tut sie alles, um eine Erkältung zu vermeiden. "Ich bin froh, daß ich's gemacht habe", sagt sie über das Risiko, hier einzuziehen. Selbstbestimmtes Leben ist hier oberstes Gebot. "Wir wollen denen, die sich schwertun, irgendwo zu wohnen, ein Stück Lebensqualität geben", hatte Irmgard Wester, Initiatorin und Vorsitzende von Bonn Lighthouse, als Ziel festgelegt, als das Projekt noch auf dem Papier stand und sie den Verein für ambulante und stationäre Hospizarbeit nach einem Beispiel, das sie aus Basel kannte, gerade gegründet hatte. Dieses neue Stück Lebensqualität wissen auch die beiden Männer zu schätzen, die die Atmosphäre eines Krankenhauses und eines Heimes hinter sich gelassen haben, um hier ein Leben nach eigenen Vorstellungen zu beginnen. Der eine, auf besondere Diät angewiesen, lernt hier zu kochen, was seiner Gesundheit nützt. Bei der undifferenzierten Gemeinschaftsverpflegung vorher im Heim hatte sich ihm oft der Magen umgedreht. Der Sozialpädagoge Jürgen Goldmann ist die einzige hauptamtliche Kraft, die einen Dreiviertel-Arbeitstag für sie alle da ist. Im Hintergrund aber wirkt ein Kreis von etwa 25 ehrenamtlichen Mitstreitern. Sie kommen aus unterschiedlichen Berufen und Altersgruppen. Auf sie können sich die Bewohner jederzeit verlassen. Wenn sie sich auch selbst versorgen, so sind die Ehrenamtlichen doch da, wenn es ihnen mal schlechter geht. "Ohne sie geht es nicht", das wissen alle. Zum festen Stamm gehört auch die Psychologin Sabine Kiy. Ihr Prinzip: Hilfe geben zur Selbsthilfe, Angebote machen, bei denen jeder selbst entscheiden kann, ob er sie annimmt. Ihr ist wichtig, daß im Gegensatz zur Hospizbewegung in England, die sich vor allem an Aidskranke richtet, hier Menschen mit unterschiedlichen Leiden ein Zuhause finden. "Sie teilen viele Schwierigkeiten." Drogensüchtige, die sich nicht auf ein Ersatzdrogenprogramm umgestellt haben, werden nicht aufgenommen. Denn Sucht bringe viele zusätzliche Probleme, die eine Gemeinschaft nicht verkraften könne. Eine ihrer Aufgaben sieht die Psychologin in der Schulung der ehrenamtlichen Begleiter und in der ambulanten Hilfe. So hält sie auch Sprechstunden in der Uni-Klinik. Denn dort fühlen sich viele Schwerkranke isoliert, weit weg von ihren Familien. Sie suchen das Gespräch auch übers Sterben. Ein eigenes Hospiz zu errichten, diesen Gedanken hat Bonn Lighthouse nicht aufgegeben, wenn die Verwirklichung auch aus finanziellen Gründen in größere Ferne gerückt ist. Mit zwölf Plätzen sollte so ein Haus ausgestattet sein: Sponsoren und Mitstreiter gesucht. Sie sind auch nötig, um das betreute Wohnen weiterzuentwickeln. Denn es fehlt noch an vielem. Zur Zeit sind alle damit beschäftigt, Möbel heranzuschaffen vom Geschirr über Betten und Matratzen bis zum Fernseher ist die Ausstattung noch lange nicht perfekt. Und bevor der Innenhof die begrünte Oase ist, von der sie alle träumen, muß noch viel investiert werden in Pflanzen, Blumenkästen und -kübel, einen Gartengrill oder in Sonnendächer. Und so hoffen sie auf Spender ( 63 13 04, Bornheimer Straße 90; Kontonummer 43 52 555 bei der Sparkasse Bonn, BLZ 380 500 00). Denn die Zusammenarbeit mit der Stadt Bonn und dem Deutschen Roten Kreuz sowie die Förderung von seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung reichen nicht aus.